Zur Schulgeschichte von Rohrau
Rohrau, Filial von Nufringen, hat wohl erst am Ende des 17. Jahrhunderts eine kleine Schule bekommen, die als Filialschule geführt wurde. Um 1688 trat Matthias Schurer, ein Schneider aus dem Ort, den Schuldienst an. 1692 unterrichtete er 11 Knaben und 13 Mädchen. Er galt als ein frommer Mann, der nicht unrecht informiere und christlich lebe. Als er ins Amt trat, war er fast 60 Jahre alt. 1703 kam der Rohrauer Bürger Hans Georg Aichelin, 42 Jahre alt, in den Schuldienst. 1706 betreute er 15 Knaben und 15 Mädchen. Er gab sich Mühe, sie gut zu unterrichten. Nur bezog er eine sehr geringe Besoldung. Damit er sich besser unterhalten könne, sollte ihm die Mesnerei, die bisher der Kuhhirt bedient hatte, überlassen werden. In Amt und Leben verhielt sich Aichelin „onklagbar“.
Einen guten Anfang spürte man 1710, als der 29jährige Michael Wichtermann von Hildrizhausen die Schule übernommen hatte. Mit ihm hatte die Schule einen brauchbaren Mann gefunden. Nur war seine Besoldung sehr niedrig. Sie betrug etwa 24 Gulden im Jahr. Vom Heiligen erhielt er 3 Gulden 30 Kreuzer, vom Flecken 4 Gulden, dazu kamen Mesnergebühr und Schulgeld, das sich auf ungefähr 16 Gulden belief. Die Schulkinder zahlten einen Gulden 30 Kreuzer für Holz zum Heizen der Schulstube. Da der Schulmeister mit dieser Besoldung nicht auskommen konnte, sollte sie von der Stiftsverwaltung zu Herrenberg und der Gemeinde Rohrau verbessert werden. Die Zulage von der Stiftsverwaltung und dem Heiligen erhielt er auch, die Gemeinde aber, die 4 Gulden und 30 Kreuzer zuschießen sollte, wollte sich nicht zur Zahlung bequemen.Die Zulage von der Stiftsverwaltung und dem Heiligen erhielt er auch, die Gemeinde aber, die 4 Gulden und 30 Kreuzer zuschießen sollte, wollte sich nicht zur Zahlung bequemen. Da der Vogt zu Herrenberg auf der Seite der Gemeinde stand, wollte der Schulmeister, um sich nicht viele Feinde auf den Hals zu laden, freiwillig auf den Betrag verzichten (1731). Der Ort zählte im Jahr 1731 215 Einwohner, die Winterschule besuchten 36, die Sommerschule 28 Schüler. In der Schule ließ es der Schulmeister am rechten Fleiß nicht fehlen. Seine Handschrift war zwar nicht sonderlich gut, doch lernten die Kinder nach Notdurft bei ihm schreiben. Eifrig pflegte er das Memorieren. Seine Schulkinder hatten über 100 Lieder ohne die Psalmen auswendig gelernt.
1735 übernahm der 22jährige Andreas Wichtermann die Schule. Er war Weber. Seine Ämter verrichtete er mit der nötigen Sorgfalt und wandelte unärgerlich. Die Vorsteher der Gemeinde waren mit ihm zufrieden. Bei den Schulbesichtigungen stellte man einen guten Fortschritt in den Leistungen der Schüler fest. Winterschule hielt er vom Gallustag (16. Oktober) bis Georgi (23. April). Die Sommerschule sammelte an zwei Tagen in der Woche die Schüler zum Unterricht. An den Sonntagen hielt er abends eine Vesperlektion, die vom Schultheiß und von den Richtern und der Gemeinde gut besucht wurde.
Das alte Leiden drückte auch ihn. Während seiner ganzen Dienstzeit musste er sich mit einer kümmerlichen Besoldung bescheiden. 1763 klagte er über die Schwäche seiner Besoldung, die sich kaum auf 36 Gulden belief, und bat um eine Zulage. Er hatte weder freie Wohnung noch Hauszins. Die Schule wurde im Rathaus gehalten. Wenn auch die Schülerzahl stieg, die Besoldung blieb niedrig. 1738 hatte er 38 Schüler, 1779 waren es 52 Schüler.
1783 war Johannes Bock (Bok) Schulmeister. Er trieb das Zeugmacherhandwerk, angeblich ohne Abbruch der Schule. Bock stammte aus Oberjesingen und war am 23.10.1753 geboren. Bei seiner Annahme versprach man, dass man ihm auf dem Rathaus eine Wohnung errichten wolle. Doch müsse die Schulstube auch die Wohnstube sein.
Die Gemeinde war mit ihm sehr wohl zufrieden. Es fehlte ihm weder an Tüchtigkeit, noch an Fleiß. Unangefochten ging er aber auch nicht durch sein kärgliches Schulmeisterdasein. Es wurde ihm 1793 nachgesagt, er treibe während der Schulstunden allerhand Nebendinge, die Kinder zeigten keine Fortschritte in der Lehre, er lasse sie nichts Geschriebenes lesen, sei auch saumselig, gehe nicht zur rechten Zeit in die Schule und besorge die Uhr nicht zweckmäßig. Der Schulmeister aber wollte diese Klage nicht auf sich sitzen lassen. Er wandte ein, der Privathass des Schultheißen habe sie exaggeriert (übertrieben).
Die Beschuldigung scheint unbegründet gewesen zu sein, denn im folgenden Jahr gibt die Gemeinde bei der Schulbesichtigung an, der Schulmeister verhalte sich gut in seinem Amt und sei ernstlich in der Schule. 62 Schüler hatte er zu betreuen. Schulmeister Bock war „ein armer Mann von geringem Einkommen und musste sich wie ein Tagelöhner nähren“. Er musste es „sich sehr sauer werden lassen, sich und die Seinigen zu ernähren“ (1794).
Bei der Schulvisitation am 11.05.1797 war Christoph Friedrich Löffler von Hagelloch, geboren 1.7.1762, anderthalb Jahre im Rohrauer Schuldienst. Durch seine Treue und seinen guten Wandel erwarb er die allgemeine Liebe der Gemeinde, konnte sich aber bei seinem dürftigen Einkommen nur mühevoll durchs Leben bringen. Durch unverdrossene Arbeit, besonders durch Abschreiben, versuchte er, sich und seine Familie vor dem Hunger zu retten (1802). Genügsam fand er sich in seine Lage. Mit seiner Familie, zu der drei Söhne und zwei Töchter gehörten, wohnte er in der Schulstube. Das Oberamt wollte mit den Ortsvorstehern beratschlagen, wie diesem Mangel abzuhelfen sei. Der Schulmeister jedoch erklärte im Beisein der Vorsteher, es sei keine eigene Wohnstube nötig. Die Schulkinder – es waren über 50 – hätten alle Platz in der Stube. Seine eigenen Kinder, die noch nicht in die Schule gingen, könnten während der Schulstunden in anderen Häusern untergebracht werden und störten den Unterricht nicht. Da die Gemeinde keinen eigenen Wald besitze, sei es ihr nicht möglich, ihm Holz abzugeben. Wenn er aber Holz zur Wohnstube kaufen müsse, so ginge seine ganze geringe Besoldung darauf. Die Gemeinde verehrte 1803 dem anspruchslosen Schulmeister einen Scheffel Korn. Gern hätte sie ihn noch weiter unterstützt, doch fehlten der armen Gemeinde die Mittel.
Schulmeister Löffler ließ sich durch seine drangvollen Nahrungssorgen nicht unterkriegen. Unverdrossen mühte er sich, „die durch schwere Arbeit abgestumpften Schulkinder zum möglichsten Grad der Bildung zu bringen“. Fleiß, Treue und Dienstfertigkeit zeichneten ihn aus. Ein eigenes Vermögen besaß er nicht. Er „lebte mit seiner zahlreichen Familie in bitterster Armut und seine Tränen sind seine Speise Tag und Nacht“ (1806). Um ihn für seinen Fleiß zu loben und seine Nahrungssorgen etwas zu lindern, wurden ihm einige Prämien zugesprochen. 1820, als er 76 Schüler zu versorgen hatte, fand er das Urteil: „Ist ein recht fleißiger Lehrer von guten Kenntnissen und vieler Bescheidenheit“. Bis 1931 waren Schulzimmer und Lehrerwohnung im Rathaus untergebracht. (Felix Burkhardt).
Die Schule war seit ihrem Bestehen stets einklassig. Oft waren bis zu 70 Kinder in dem einen bestehenden Schulzimmer untergebracht, das daneben auch Wohnzimmer des Schulmeisters war. Die damals herrschenden miserablen Schulverhältnisse werden bei einer Gemeindevisitation des Jahres 1907 wie folgt beschrieben: „Das einzige im Rathaus untergebrachte Schullokal ist frei gelegen, aber viel zu klein für die Zahl der Schüler. Es ist 2,25 m hoch, auf das einzelne Kind kommen nur 2 m³ Luftraum. Die Kinder sitzen daher so sehr zusammengedrängt, dass auf zum Teil alten, nur 170 cm langen Bänken vier Knaben sitzen und wegen Platzmangel eine ganz falsche Körperhaltung einnehmen müssen. Die Schullokalverhältnisse sind daher unhaltbar. Abhilfe kann nur durch einen Schulhausneubau geschaffen werden.
Obwohl die Schulverhältnisse bereits 1907 derart schlecht waren, bestand die Schule unter fast denselben Bedingungen weitere 23 Jahre. Erst im Jahr 1931 konnte das neue, damals östlich vom Ort stehende, Schulhaus eingeweiht werden. Es waren in diesem Haus ein großes und ein kleines Klassenzimmer eingerichtet worden. 30 Jahre lang erfüllte dieses Schulhaus seinen Zweck, doch die stark ansteigenden Schülerzahlen machten wiederum einen Schulhausneubau notwendig.
Dieses neue Schulhaus wurde im September 1960 eingeweiht. Da seit 1949 die Schule zweiklassig war, wurden zwei große Klassenzimmer, ein Lehrmittelzimmer und ein Lehrerzimmer eingerichtet. Doch diese zwei Schulräume hätten für die großen Schulklassen auch bald nicht mehr ausgereicht, wären die Oberklassen von 5-9 nicht abgetrennt worden. Sie besuchen seit dem Frühjahr 1966 die Nachbarschaftsschule (Hauptschule) in Gärtringen, während in Rohrau nur noch die Grundschule mit den Schuljahren 1-4 besteht.